Page 21 - Die Wehr 2015 01-02
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stehen nahezu unangefochten an der  schen Gesellschaften. Ebendort bilden  mit wenig Schlaf in der Früh zur Arbeit
         Beliebtheitsspitze. Woher resultiert die-  die Mitglieder das Rückgrat der Gefah-  gehen?“ Diese Begeisterung, Hilfsbereit-
         ses Vertrauen, was macht es aus? Was   renabwehr und im Katastrophenschutz.  schaft, Motivation und zugleich Faszi -
         bewegt Menschen dazu, einen großen  Oft unspektakulär, aber wirkungsvoll.  nation ist natürlich für Außenstehende
         Teil ihrer Freizeit einzusetzen, um ande-  Und wichtig, ja unverzichtbar.  nicht ganz so einfach zu verstehen. Je-
         ren zu helfen? Dafür gibt es zweifellos                             doch das Wissen darum, Menschen, Tie-
         mehrere Faktoren, die ineinandergrei-  Warum tust du dir das an?    ren oder der Umwelt geholfen zu haben,
         fen. Ein Dorf, eine Gemeinde, eine Stadt  Grundsätzlich ist das System Feuerwehr,  ist unvergleichlich und belohnt für so
         oder ein Land besteht nicht ausschließ-  so wie es in Österreich bekannt ist und  manch schlaflose Nacht. Dieser soziale
         lich aus Gebäuden oder Infrastruktur.  geschätzt wird, eigentlich ein System,  Gedanke der organisierten „Nächsten-
         Diese bilden den notwendigen Rahmen  welches für sich selbst spricht. Natürlich  hilfe“ hat sich auf österreichischem
         für jene Menschen, die dort leben und/  steht an der Spitze aller Hilfsmotive der  Boden mittlerweile seit nahezu 17
         oder arbeiten und somit das (öffentliche)  Schutz der Bevölkerung. Sich freiwillig  Jahrzehnten gehalten. Von Generation
         Leben substanziell darstellen. Mit allen  zu engagieren ist ein tägliches Geben,  zu Generation wurde diese Einstellung
         behördlichen und sozialen Einrichtun-  aber auch ein Nehmen. Feuerwehrmän-  weitergegeben. Feuerwehr verbindet
         gen, Blaulicht- und Rettungsorganisa -  ner und Feuerwehrfrauen stellen dafür  Jung und Alt.  Von der zehnjährigen
         ti onen sowie einer facettenreichen Ver-  ihre Zeit, ihre Fachkenntnis – mitunter  Schülerin, dem 16-jährigen Automecha-
         einskultur. Zu diesen wichtigen wie not-  auch ihr Leben – freiwillig und zum   niker, dem 30-jährigen Jungbauern bis
         wendigen kommunalen Einrichtungen  Nulltarif zur Verfügung. In Kombination  hin zum 60-jährigen Juristen. Sie alle
         zählen unbestritten auch die Feuerweh-  mit Ausrüstung und Gerät werden die  sind fest im Feuerwehrleben verankert
         ren. Sicher spielt auch der traditionelle  vielen Feuerwehrfrauen und -männer  und ebenbürtige Kameradinnen und
         Aspekt mit der jahrzehntelangen Ver-  zu einer wirksamen Hilfe für Mitbürger  Kameraden. Ein Netzwerk aus vielen
         wurzelung im Ort, die Verantwortung   in Gefahr und Not. Und diese ureigenste  tausenden Menschen, die alle dieselbe
         für jemanden zu übernehmen, der sich  Aufgabe der Feuerwehr ist auch gleich  Sprache sprechen, obwohl sie aus unter-
         selbst nicht helfen kann – also die klassi-  einer der Hauptmotivatoren, sich eh -  schiedlichen Berufs- und Altersgruppen
         sche Einsatztätigkeit als soziale Kompo-  renamtlich zu engagieren: „Ich“ helfe  kommen. Wenn man vom sogenannten
         nente, die Qualifikation durch die Viel-  meiner Familie, meinen  Verwandten,  „Feuerwehrvirus“ gepackt wurde, dann
         zahl an Ausbildungsmöglichkeiten und  Freunden und Nachbarn.  „Ich“ helfe  wird man nur sehr selten davon losge-
         nicht zuletzt auch die Kameradschaft,  auch meiner Gemeinde. „Ich“ helfe auch  lassen.
         quasi das soziale Eingebunden-sein in  woanders, wenn  „ich“ im Katastro -
         ein System eine Rolle. Dieses System  phenhilfsdienst gefordert bin. Selbstlos.  So bunt wie das Leben.
         „Feuerwehr“ ist eines, um das man Ös -  Der Dank für diese Hilfe ist oft (nur) ein  Feuerwehren sind charakteristisch von
         terreich weltweit beneidet. Ein Sys tem,  „Händedruck“, keinesfalls abwertend  einer bunt durchmischten Mitglieder-
         dessen Sicherheitsnetz vom Boden- bis  gemeint. Das aufrichtige „Dankeschön“  struktur geprägt, zu der sich seit den
         zum Neusiedler See eng geknüpft und  eines Mitmenschen, dem man gerade  letzten Jahren auch immer mehr Frauen
         flächendeckend verfügbar ist. Jeden Tag.  aus einer gefährlichen Lage geholfen  zählen.  Von 2008 bis 2013 stieg die
         Jede Stunde. Jede Minute. „Vereinsähn-  hat, bleibt jedem Feuerwehrmitglied   Frauenquote bei den österreichischen
         lich“ organisiert. Jedoch: Ganz genau ge-  für lange Zeit im Kopf und macht stolz  Feuerwehren um 39 %. Der Feuerwehr-
         nommen ist eine freiwillige Feuerwehr  auf das, was man tut. Auch ohne dafür  alltag von diesen Männern und Frauen
         kein Verein, sondern eine Körperschaft  entlohnt zu werden.  Viele der enga -  findet nicht im Verborgenen statt. Denn
         öffentlichen Rechtes. Die Strukturen   gierten Florianis in Österreich wurden  sowohl die Prävention als auch der
         sowie der Aufbau und die Organisation  schon so manches Mal mit folgender  direkte Kontakt zu den Mitmenschen
         sind jedoch denen eines Vereines nicht  Frage konfrontiert: „Warum tust du dir  zählen zu den wesentlichen Aufgaben.
         vollkommen unähnlich. Aber ebendort  das an? Mitten in der Nacht aufstehen,  Durch Informationsveranstaltungen
         bauen Feuerwehrmitglieder ihre Brücken  viele Stunden oft bei widrigsten Wetter-  oder einfach nur bei persönlichen Ge-
         innerhalb einer Gesellschaft und zwi-  bedingungen im Einsatz stehen und   sprächen mit der Bevölkerung werden




















         Leistungsbewerbe bilden eine enorm wichtige Grundlage des Einsatzerfolges: Hier -
         bei wird nicht nur jeder Handgriff trainiert, sondern auch der Teamgeist gestärkt.


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